Auf dem alten Merian-Stich von Lindenfels aus dem Jahre 1634 ist auf der linken Seite, an der Stelle, an der die jetzige Evangelische Kirche steht, eine Kapelle mit spitzem Turm zu erkennen. Sie wurde im Jahre 1371 als Filialkirche der Pfarrei Fürth errichtet und von dort aus, zeitweise durch einen eigenen Kaplan oder durch den Schlosskaplan der Kapelle zum Heiligen Michael auf der Burg, bedient.
Im Jahre 1564 wurde unter Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz eine eigene reformierte Pfarrei gegründet und die frühere katholische Filialkirche zu einer reformierten Pfarrkirche erhoben. Über 250 Jahre diente diese kleine Kapelle den reformierten Einwohnern von Lindenfels, bis sie baufällig wurde und für die inzwischen größer gewordene Gemeinde nicht mehr ausreichte. Die Chronik berichtete hierüber in Jahre 1806: „Armseliges Kirchlein in Lindenfels. 40 Schuh lang, 27 Schuh breit. Nur der vierte Teil der Gemeindeglieder kann sich darin versammeln, Leute aus der Talzent, die die Kirche voll finden, gehen ins Wirtshaus.“
Die Bürger von Lindenfels waren zum größten Teil arme Handwerker, die es schwer hatten sich leidlich zu ernähren, weil sie so gut wie keine Feldgüter besaßen. So war es ein Glück für Lindenfels, dass durch seine herrliche Lage schon frühzeitig, etwa seit Mitte des vorletzten Jahrhunderts, viele erholungssuchende Menschen das Burgstädtchen aufsuchten. Das Jahr 1871 war für die allmählich entstehende „Fremdenindustrie“ ein besonders erfolgreiches Jahr; 1874 zählten sogar Gäste aus England, Frankreich und Russland zu seinen Besuchern und 1878 wurden über 300 Kurgäste, in der Hauptsache Berliner, gezählt.
Im Jahre 1903 wurde die Evangelische Kirche nach Plänen von Professor Luthmer, Frankfurt/M., renoviert, der für sich auf jegliches Honorar verzichtete.
Die Chroniken der Kriegsjahre 1914-18 weist eine lange Reihe von Gefallenen auf.
1921 wurden die im Krieg abgelieferten Orgelpfeifen durch freiwillige Geldspenden durch neue ersetzt.
1922 wurden zum Gedächtnis der im Weltkrieg gefallenen und verstorbenen Soldaten in der Kirche zwei Tafeln mit den Namen der Gefallenen angebracht.
Die Chronik vermerkt für diese Jahre große Arbeitslosigkeit und Not durch den allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang. Auch der Fremdenverkehr ging stark zurück. Die Armut war in diesen Jahren besonders groß. Die einzige in Lindenfels ansässige Steinindustrie arbeitete in den Wintermonaten meist kurz. Und was die Bevölkerung an landwirtschaftlich zu nutzenden Feldern besaß, war so klein, dass es für die kleinen Handwerker und Gewerbetreibenden nur wenig dazu beitragen konnte, das nötigste an Grundnahrungsmitteln zu beschaffen. Es war einfach Armut, wenn die Schulkinder damals im Sommer barfuß in die Schule gingen und es kann sich heute wohl niemand mehr vorstellen, was es bedeutete als 1931 von den hiesigen Frauenvereinen eine Suppenküche ins Leben gerufen wurde, um den vielen Hilfsbedürftigen wenigstens eine warme Mahlzeit geben zu können.
Durch eine Stiftung in Höhe von RM 5.000,00 konnte im Jahre 1931 die dringend notwendig gewordene Erneuerung des Verputzes der Kirche durchgeführt werden.
1933 wurde der damalige Ortspfarrer Palmer seiner politischen Einstellung wegen abgelöst und in den folgenden Jahren ging durch staatlichen Druck das kirchliche Leben immer mehr zurück. Kirchenaustritte nahmen zu, die Evangelische Gemeinde, die 1932 noch 1154 Mitglieder aufwies, hatte im Sommer 1938 nur noch 950 Gemeindeglieder.
Zu Kriegsbeginn verstärkte sich der Fremdenverkehr, namentlich aus von feindlichen Fliegern bedrohten Städten.
1941 waren alle wehrfähigen Männer unter den Waffen. Nach der Bombardierung von Darmstadt im Herbst 1943 wurde Lindenfels mit Frauen und Kindern stark belegt. Betten für Kurfremde waren fast nicht mehr verfügbar, auch die Hotels wurden in Kinderheime umgewandelt. 1944 wurde ein Reserve-Lazarett nach Lindenfels verlegt und die Hotels als Lazarette eingerichtet. 1945, Dienstag vor Ostern, rückten amerikanische Panzer in Lindenfels ein. Der Einmarsch vollzog sich friedlich, Widerstand wurde keiner geleistet, der Krieg war zu Ende.
Das kirchliche Leben normalisierte sich allmählich wieder, die Gottesdienste wurden wieder stark besucht, viele frühere Gemeindemitglieder traten wieder in die Kirche ein. Kirchliche Trauungen wurden nachgeholt und Kinder nachgetauft. Die Gemeinde hat im 2. Weltkrieg 108 Gefallene und Vermisste zu beklagen.
In den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Krieg musste auch die Renovierung der Kirche in Angriff genommen werden.
1953 wurde das Dach neu gedeckt und das Innere instand gesetzt (Gesamtkosten DM 20.000,00)
Im Jahre 1977 musste die Kirche innen und außen wiederholt renoviert werden